Donnerstag, 17. April 2008
Letzte Woche Donnerstag und Freitag war die große Konferenz der koreanischen Polymergesellschaft zu der Prof Char mir „wärmstens empfohlen“ hat hinzugehen, obwohl alle Vorträge auf koreanisch waren ... also gesagt, getan (wie man das in Korea so macht) klingelte am Donnerstag morgen um 4:40 Uhr mein Wecker und ich habe mich nach einer kurzen Dusche auf den Weg zur Seoul Station gemacht, von der es dann mit dem KTX ( dem koreanischen ICE) auf nach Daejon ging, der koreanischen Wissenschaftsstadt.
Nach einer Stunde sind wir dann angekommen und direkt mit dem Taxi zur Konferenzhalle, die auf den Gelände der EXPO, die irgendwann mal in Daejon war, gefahren. Alle sind dann zur Anmeldung gegangen, ich auch...allerdings wurde mir dann mitgeteilt, dass ich nicht angemeldet bin für die Konferenz und sozusagen als blinder Passgier Informationen abschöpfen soll. So wurde ich durch geschickten Namensschildertausch zu den jeweilgen Veranstaltungen, die alle kontrolliert wurde (selbst die Postersession) eingeschleust... es fällt ja auch kaum auf, dass ich kein Koreaner bin so mit koreanischen Namensschild ;-)
So bin ich dann mit eine Gefühl großer Einsamkeit und Illegalität durch die Posterreihen geschlichen, bis mich plötzlich echt viele Koreaner ansprachen. Hey Matthiaseeeee, what are you doing here???“ Das war schon ein ganz amüsantes Gefühl allein auf einer Konferenz in Korea zu sein und plötzlich kennt man 15 Leute, über IRTG oder weil sie auch schon mal in Deutschland waren...bzw die Koreaner kannten mich, auch wenn ich mich oft nicht mehr an die Gesichter erinnern konnte...aber als Blonder fältt man schon ein bischen auf zwischen den ganzen Asiaten.
So hatte ich auch schnell die Vorträge überstanden und den Abend verplant: Nach dem großen Essen mit den unserem Arbeitskreis (natürlich mit Soju) habe ich mich dann mit Prem (einen Inder aus dem IRTG, der in Daejon studiert) verabredet, der mich durch die Kneipen Daejons führte.
Am nächsten Tag wurde ich vom lauten Schnarchen gleich mehrerer Koreaner geweckt, mit denen ich auf Boden eines ziemlich abgegammelten Hotels geschlafen habe und war somit einer der ersten der Duschen durfte ...was die letzen dann nicht mehr mitbekommen haben, und mich den Rest des Tages fragte, wie es sich denn so ungeduscht anfühlt und ob sich Deutsche nicht täglich waschen würden...manchmal sind sie schon recht direkt und verstehen dann die englischen Erklärungen auch nicht immer ;-)
Ein Frühstück mich echten Koreaner ist auch ein Erlebnis. So gab es schon zum Frühstück Hühnchen mit Reis, Suppe und Mandu (so ne Art Maultasche, die direkt in der Plastiktüte mit dem lauwarmen Wasser aus den Wasserspender warm gemacht wurden)...aber man muss ja auch bereit sein für einen weiteren Tag koreanischer Vorträge. L Ich war dann schon froh abend wieder in Seoul zu sein und mal ein bischen deutsch reden zu können.
Aber insgesamt war es schon ganz witzig (und sogar – man staune - informativ) auch wenn man sich schon immer extrem als „der Ausländer“ vorkommt.
Freitag, 11. April 2008
Nicht nur in Bezug auf interessante Alkoholika und „traumhafte“ Landschaften hat Korea etwas zu bieten, nein: auch spirituelle Erleuchtung und dem Weg ins Nirvana kann man hier näher kommen. Daher haben wir uns dieses Wochenende auf den Weg zu einem Tempel gemacht, in dem wir das Wochenende verbracht haben. Auf einer kleinen Insel vor Seoul gelegen, waren wir etwas entäuscht als wir ankamen ... kein riesiger, alter, ehrwürdiger Tempel, sonder ein neugebauter Bauerhof mit alten verrostetem Schild und einem kleinen, tempelähnlichen Gebäude in der Mitte war das. Doch bevor wir wieder weg konnten, hatte und schon ein Mönch in Gewahrsam genommen, uns ein Zimmer zugewiesen und die Kutten, die wir das ganze Wochenende tragen mussten, zurecht gelegt. Es gab also kein zurück mehr....
Und der erste Programmpunkt war direkt meine Lieblingsbeschäftigung: Kartoffeln setzen und Gartenarbeit mit den Mönchen....wo rüber sich sicherlich jedes Stadtkind freut, hätte mich Landei fast zu weinen gebracht! Nein, so schlimm war es nicht, allerdings fliehe ich mit jeder erdenklichen Ausrede aus dem heimischen Westerwald wenn es darum geht Kartoffeln zu setzen und hier bezahle ich noch Geld dafür, das ein Mönch neben mit steht und bei jeder Kartoffel den Tip gibt, dass das Auge nach oben muss...na vielen Dank!!!
Ich war jedenfalls froh, als es dann zu einem Orientierungsgang durch den Tempel losging und uns der Buddhismus etwas näher gebracht wurde. Die erste Zeremonie war sehr interessant: Ein russischer (oder finnischer – da sind wir uns nicht so ganz einig ;-) Mönch hat uns alles erklärt, wann wir uns auf den Boden schmeißen müssen und was wir wann mit machen sollen: Und dann saßen da vier Mönche (samt Obermönch) vor uns und haben auf koreanisch rituelle Gesänge von sich lassen und dabei ununterbrochen auf eine Hochkugel geklopft.; im zweiten Teil hat dann der Obermönch mit einem Metallklinggerät zur musikalischen Unterhaltung beigetragen.
Nach der stillen Essenaufnahme (es gab jeden Menge gemixtes Kraut und natürlich Kimchi und Reis) wurde wir dann in die Kunst des Meditierens eingewiesen und mussten dann 30 min still mit nicht geschlossenen Augen da sitzen (sonst könnte man ja schlafen) und unseren Atem zählen, um all unser Verlangen in der Welt zu vergessen. Jedenfalls war ich danach dann so müde, dass es kein Problem war, um zehn einzuschlafen (mit dem mp3-Plyer in den Ohren, da Peter wegen seiner Erkältung leichte Schnarchgeräusche von sich gegeben hat ;-)) ... und der Schlaf war nicht zu lang, denn um 3:00 Uhr (in der Nacht) geht im Kloster der Tag weiter ... und das ist wirklich ein Herausforderung, eine Stunde den rituellen Gesängen um 4:00 Uhr zuzuhören, ohne dass einem dabei die Augen zu fallen (gut dass es im Tempel recht frisch war ;-)).
Gut in den Tag gestartet ging es dann um 7:00 Uhr mit den verrückten Klosterhund ( der die ganze Zeit wie eine gestochene Wildasu durch die Gegedn gerast ist . Hunde sind eben nicht zum Meditieren gemacht) auf zum Spaziergang (ca 400 m, dann konnte unser Mönch nicht mehr, weil sich beim Meditieren wohl die Muskeln abbauen) und anschließend zur großen Teezeremonie mit dem Obermönch. Der saß in seinem Bungalow mit Blick über das Tal auf dem Boden und empfing uns in seiner auf arm gemachten Behausung mit Waschbetontapete. Nachdem wir alle in sehr gebrochenenem Englisch gefragt wurden, woher wir denn kommen und was wir denn eigentlich Korea wollen, ging das große Teebrauen los. Neben sich aufgebahrt hatte der lustige Mönch mit den abstehenden Ohren einem Hightechwasserkocher, der auf Knopfdruck eine entsprechende Menge eines speziell temperierten Wassers auspumpt. So wurde uns dann professionell der Tee serviert und plötzlich zog der Obermönch unter seiner Tischplatte eine Fernbedienung heraus und wir wurden (wie im Nirvana) mit geistlichen Gesängen aus Nepal und Tibet beschallt. Zu guter Letzt bekam jeder noch eine Miniausgabe eines Buches mit buddhistischen Schriften und ein Armband auf welchem mehrer Hakenkreuze einkraviert sind, das Zeichen der Sonne bei den Buddhisten. In Deutschland sollten wir dieses Armband aber dan doch eher nicht tragen.
Nach einem Kalligraphiestündchen stand auch schon wieder die nächste Zeremonie an, vor der wir sie ganze Zeit schon gewarnt wurden, weil die Mittagszeremonie 108 Kniefälle enthält.... und ich kann diese Warnung nachvollziehen, denn es waren nicht 108 Kniefälle, sondern mindestens 180 mal auf den Boden legen und (ohne die Hände zu benutzen9 wieder aufstehen. Ich habe ca. 80 mal mitgemacht, Peter etwas weniger und Maria alle (Kampfweib ;-)) und ich konnte die ganze Woche nicht laufen ,weil ich so Muskelkater hatte und auch Maria fing bei jeder Treppe an zu jammern ;-))
Nach dem Mittagessen war unser Tag im Kloster dann vorbei und ehrlich gesagt...ich war froh, dass ich heim konnte und dass ich kein Mönch bin, bei so viele Kniefällen. Trotzdem hat ein solch ruhiges Wochenende sehr gut getan bei dem Lärmpegel in Seoul!!!
Donnerstag, 3. April 2008
Das war er dann wohl, mein erster Geburtstag, den ich nicht Deutschland verbracht habe. Nach einer leicht depressiven Nacht, weil ich gerne zu Hause gefeiert hätte, bekam ich morgens schon über skype von „meiner“ Maria ein Ständchen gesungen und wurde danach von Maria und Peter mit einer Megaschokotorte vor meiner Zimmertür erwartet....das war dann erst mal unser nicht wirklich gesundes aber leckeres Frühstück. Ganz nach koreanischer Sitte haben wir mit Stäbchen auf die Torte eingestochen und mein Zimmer sah danach aus wie ein Schlachtfeld.
In der Uni habe ich dann von meinem Geburtstag nichts mehr mitbekommen, da ich auch dachte, dass das hier keiner weiß....bis ich dann hier nachmittags vor der nächsten Torte stand und ich mein zweites (diesmal koreanisches) Ständchen bekommen habe. Da war es wieder: Happy Birthday auf koreanisch mit ganz viel „hamnida“ und „Matiase“ und diesem ganz eigenen geklatschten koreanischen Rhythmus ;-) Und wieder stachen 15 Koreaner alle gemeinsam auf den Kuchen ein, nachdem alle Knallbonbons um mich herum gezündet waren.
Abends waren wir dann noch gut Essen und haben eine neue Bar getestet: von aussen sah sie aus wie eine Baracke, aber innen sehr schön gemacht. Hier haben wir dann Makuli ( so ne Art koreanisches Reis-Wein-Bier –Getränk) getrunken und als obligatorischen Sidedish gab es dann (durch wahlloses Zeigen auf der Karte) einen Riesentopf mit Muscheln, die Peter und ich allein essen mussten, weil Maria den Meeresfrüchten abgesagt hat ;-)
Als wir gehen wollten kam eine Horde besoffener Koreaner rein, die sofort anfingen sich mit uns zu unterhalten und keine Minute später war unser Makulitopf wieder gefüllt (dabei schmeckt das Zeug gar nicht so gut, aber wir wollen ja traditionell sein ;-)).
Und so saßen wir dann bis zwei Uhr da, mit den Koreanern, die uns die ganze Zeit gesagt haben, wie hübsch wir sind (das bekommt man ja in Deutschland auch nicht jeden Tag gesagt) und die uns dann schließlich auch noch eine professionelle Fußreflexzonenmassage verpasst haben (ich bin kerngesund und Maria hat nen Leberschaden, einen dicken Hintern und zu kleine Brüste – solch eine Offenheit hätte ich von der kleinen Koreanern gar nicht erwartet ;-)). Zu guter letzt haben die Koreaner dann unsere gesamte Rechnung gezahlt, nur die Einladung zum Karaoke haben wir dann nicht mehr angenommen, da die Guten mit steigendem Alkoholpegel ein wenig „touchy“ wurden.
Wie gut, dass Maria ihre Handynummer rausgerückt hat. So klingelte gestern Nacht um zwei ihr Mobiltelefon und einer der Koreaner wollte sich mit ihr treffen....kann man ja nachts um zwei mal fragen ;-)
Dienstag, 1. April 2008
An unserem vierten Sonntag während unserer Zeit in Seoul, hatten wir uns vorgenommen uns einmal etwas mit koreanischer (doch noch recht aktueller) Geschichte auseinander zu setzen. Daher haben wir eine Tour in die Demilitarisierte Zone zwischen Nord- und Südkorea gebucht. Diese Touren werden von verschiedenen Unternehmen angeboten, die dann ausländische Touristen in das Grenzgebiet der beiden verfeindeten Staaten fahren. So standen wir dann Sonntag morgen an einer U-Bahn Station am anderen Ende von Seoul und warteten auf unseren Reiseführer. Als ich nach einer dreiviertel Stunde warten dann mal bei der Agentur anrief, teilte mir die etwas verschlafen mit, dass sie unsere Tour gestrichen hätten, sie aber versuchen würde uns in irgendeiner anderen Tour spontan unterzubringen. So kam dann nach ca 1,5 h warten ein kleines Buschen mit einem ziemlich aufgedrehten und „coolen“ Koeaner vorbei und wir machten uns auf dem Weg das Land im Norden, welches das am meisten isolierte Land der Welt ist, zu erkunden. Allein die Strasse gen Norden war bereits gesäumt von Stacheldraht und wir kamen schließlich an einem Riesenparkplatz an, wo Menschenmassen warteten mit roten Bussen in das Grenzgebiet gekarrt zu werden. Für die wartenden Touris haben die Südkoreaner einen kleinen Vergnügungspark mit Achterbahn und Schiffschaukel aufgebaut, bevor man dann einen Blick nach Nordkorea werfen kann, wo die Menschen unter ihrem kleinen, wahnsinnigen Diktator verhungern.
Bevor es losging wurden wir darauf hingewiesen, dass fotografieren strengstens verboten ist und zwei Soldaten, die mit ihren Maschinengewehren durch den Bus liefen, mussten unsere Pässe kontrollieren, bevor wir das Grenzgebiet betreten durften, dass im übrigen (ausser den Touristenstraßen) ziemlich vermint ist. So durften wir dann aus einem Observatorium einen Blick nach Nordkorea und deren höchsten Fahnenmast der Welt werfen und in den Infiltrationstunnel gehen, den die Nordkoreaner in den 70ern gegraben haben um den Süden zu erobern.
Man wird schon ziemlich nachdenklich, wenn man das sieht und weiß, dass eine solche Zone, in der tausende von Soldaten darüber wachen, dass ihre eigenen Landsleute nicht die innerkoreanische Grenze überschreiten, nur ca 50 km weit von uns entfernt liegt. Es ist schon seltsam, dass es etwas heute immer noch gibt!
Nachdem wir dann auf der Rückfahrt noch am staatlichen Ginsenginstitut vorbeigekarrt wurde, wo die Regierung ihren 7 Jahre alten „Heaven Ginseng“ (200 g für 350.000 Won (250 €)) steuerfrei verkauft (also noch ein kleines Geschäft auf der Rücktour ), habe ich mir dann abends in Internet erst mal ein paar Dokumentationen über Nordkorea und dessen Diktator angeschaut.... das ist wirklich unglaublich, dass in 200 km Entfernung Atombomben gebaut werden, während die Kinder auf der Strasse verhungern oder sonst im Alter von drei Jahren Lieder auf ihren großen Führer singen müssen. Ein sehr nachdenkliches Wochenende.......